Über drei Monate nach einer Covid-Infektion leiden noch 3 – 20% der Betroffenen an Langzeitfolgen. Die Logopädie hilft bei Schluck-, Stimm- oder Wortfindungsstörungen. Patientinnen und Patienten werden von der Intensivstation bis zum Wiedereinstieg in die Arbeit begleitet. Beispielhaft wird der Verlauf einer jungen Patientin mit Stimmverlust geschildert.
Nach einer Covid-Infektion erholen sich einige Menschen nicht problemlos. Patienten, die beatmet auf der Intensivstation waren, brauchen eine lange Rehabilitationsphase. Aber auch Erkrankte mit mildem Verlauf klagen oft lange über Symptome.
Mögliche Symptome bei Post-Covid
Fatigue (chronische Müdigkeit)
Eingeschränkte Belastbarkeit, Atemnot, Husten
Kopf- oder Muskelschmerzen
Riech- und Schmeckstörungen
Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Schlafstörungen
Die Logopädie kommt bei drei Patientengruppen zum Zug.
Schluckstörungen
Nach einer Intubation (Beatmung mit einem Schlauch durch Mund und Rachen in die Luftröhre) hat ca. jede zweite Person mit einer Schluckstörung zu kämpfen. Es kann Verletzungen im Kehlkopf geben oder die Sensibilität kann eingeschränkt sein. Einige Patienten brauchen eine Trachealkanüle (Luftröhrenschnitt) und müssen schlucken und sprechen wieder üben.
Stimmstörungen
Entzündungen, Verletzungen, Lähmungen oder Muskelabbau der Stimmlippen führen zu Heiserkeit. Auch ohne Spitalaufenthalt kann ein dauerndes Räuspern oder Husten auftreten, und Kurzatmigkeit kann die Stimme einschränken.
Wortfindungsprobleme
Covid kann auch die Sprachverarbeitung und Gedächtnisleistung betreffen.
Die junge Patientin
Meine Patientin war 31, als sie im letzten Frühling an Covid erkrankte. Sie musste nicht ins Spital, aber sie fühlte sich krank. Nach 3 Monaten war ihre Stimme immer noch so schwach, dass manchmal nur Luft kam. Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt sah, dass die Stimmlippen nicht ganz schlossen. Mit der Diagnose «funktionelle Dysphonie nach Covid» kam sie in die Logopädie.
Die Patientin arbeitete Vollzeit und musste viele Schulungen im Homeoffice per Telefon halten – oft mehr als 60 Anrufe pro Tag. Das wäre schon für eine gesunde Stimme eine Belastung!
Die junge Frau war eindrücklich – sie erledigte ein volles Sprechpensum, obwohl ihre Stimme immer wieder in die Höhe kippte oder wegbrach. Es war wie ein «On-off-Phänomen», und sie konnte es nicht kontrollieren. Es wirkte, wie wenn die Nervensteuerung aus dem Gleichgewicht geraten wäre.
Die Therapie bestand aus einem Aufbau mit Kraft- und Resonanzübungen, Atemübungen und Stimmlockerung. Die Patientin setzte die kurzen Übungseinheiten im Alltag gut um. Der Klang wurde stabiler und voller, die Muskelspannung konnte dosiert werden. Mit der Zeit konnte sie die guten Klänge auch ins spontane Sprechen übernehmen.
Im Herbst verschlechterte sich ihr Allgemeinbefinden – sie litt stärker unter Kopfschmerzen, Erschöpfung, Atemlosigkeit und Muskelkater bei kleinsten Anstrengungen wie Treppenlaufen. Leider wurde damit auch die Stimme wieder «kippelnder» und instabil. Die Patientin trat Monate nach Covid in eine Rehabilitationsklinik ein.
Die wellenförmige Krankheitsgeschichte mit plötzlichen Einbrüchen, nachdem es zuerst aufwärtsging – das scheint typisch für Covid. Eine Herausforderung für die Patientinnen und Patienten und das Behandlungsteam!
Leitlinie zu Post-Covid, mit logopädischen Tipps:
https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/020-027l_S1_Post_COVID_Long_COVID_2021-07.pdf
Nicole Bruggisser, Logopädin
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